Jochen Möller hat zu der Kategorie Ehemalige Galopprennbahnen eine Geschichte beigesteuert.
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Baba Jaga
Joachim „Jochen“ Möller
So kennen wir sie ….
… aber es gibt auch noch eine andere Baba Jaga !
Bei der anderen Baba Jaga handelt es sich um die 2010 im Gestüt Paulick in Lukaitz geborene Vollblut-Stute.
Von ihrem Züchter und Besitzer Ralf Paulik wurde sie dann nach Hoppegarten verpachtet. Dort war sie dann bei Frau Kamin im Training.
Am 21.April 2013 debütierte sie als Dreijährige in Hoppegarten über 1.800 Meter. Das Ergebnis war 7. von 7 mit 43 Längen Rückstand. Siegerin war mit der Zeit von 1:50,20 bei gutem Boden allerdings das spätere Gruppe-Pferd Quilita vom Gestüt Fährhof. In diesem Jahr lief Baba Jaga noch sieben Mal in Rennen. Am 26. Oktober hätte es dann fast zu dem ersten Sieg gereicht. Mit einer halben Länge Rückstand wurde sie zweite.
Das Jahr 2014 begann im April wieder mit einem letzten Platz in einem Rennen auf der Heimatbahn.
Aber 14 Tage später war sie dann in Leipzig wieder mit 2 Längen Rückstand Zweite. Wie schon bei ihrem ersten 2.Platz wurde sie auch hier von France Extreme aus dem Stall von Frank Lippitsch bezwungen.
Sehr oft hatte ich Baba Jaga bei Starts auf auswärtigen Bahnen mit meinem Pferdeanhänger mitgenommen. Sie war ein sehr gutes Reisepferd, wenn sie ihr Heunetz zum knappern hatte.
Bis Mitte August 2014 war Baba Jaga sieben Mal in Rennen gestartet. Sogar zweimal in Hamburg. Aber ohne großen Erfolg. Dann sollte sie am 31.August in Magdeburg laufen. Das Rennen sah eigentlich sehr chancenreich für Baba Jaga aus. Es wurde dann ein turbulentes Rennen. Eigentlich sollten 12 Pferde laufen. Aber dann gab es zwei Nichtstarter. Im Rennen rutschte dann bei einem Pferd der Sattel, worauf hin sein Reiter versuchte, anzuhalten. Und Baba Jaga verlor dann eingangs der Zielgeraden ihren Reiter. Der Rennfilm wurde an diesem Tag mehrmals auf den Monitoren zurückgespult, um die Ursache für den Sturz des Reiters zu erkennen. Aber es gab kein Fremdverschulden und es mußte niemand bestraft werden.
Ihr fast ständiger Reiter Fernando Guanti hatte sich aber bei dem Sturz verletzt. Somit stand er für den nächsten geplanten Start am 7. September in Dresden nicht zur Verfügung.
An diesem Tag sollte ich auch Baba Jaga wieder mitnehmen. Ich hatte schon ein Pferd geladen und fuhr dan in der Hoppegartener Clubstraße vor. Ich hatte natürlich wie immer zwei volle Heunetze im Hänger angebracht. Als Frau Kamin das Reisegepäck für Baba Jaga brachte, meinte sie, das Heunetz muß raus, ist im Weg! Kein Problem, Heunetz raus und Baba Jaga auf den Hänger. Meine Mitfahrer hatten sich anschließend angeschaut und gelacht.
Frau Kamin und ihr Mann wollten dann nachkommen. Wir sind dann also losgefahren und als wir um die Ecke beim Logierhaus waren, wurde wieder angehalten und Baba Jaga bekam ihr Heunetz zurück.
In Dresden ist sie dann natürlich wie immer trocken und frisch ausgestiegen.
An diesem Renntag sollte nun Dave McCann die Stute reiten. Er war damals der älteste in Deutschland tätige Jockey. Ich wußte gar nicht, dass er aktuell eine Lizenz hatte. Er war lange nicht mehr im Rennen geritten, hatte aber eine Anstellung in einem Rennstall. Aber wie das so ist mit dem Rennreiten. Das verlernt man genau so wenig wie das Fahrradfahren.
Ich war ja dann schon in der Dresdener Jockeystube tätig, als dann Dave aufgeregt auftauchte . Er fragte mich, was mit der Stute ist, die er reiten soll. Ich mußte ihn erst einmal beruhigen. Ich erklärte ihm, dass er die so wie ein Mädchen reiten muß. Zu Hause wird die kaum von Männern geritten ! Und wenn er im Führring aufsteigt, soll er nicht gleich die Bügel aufnehmen und sie am langen Zügel laufen lassen, dabei immer mit ihr reden. Am besten soll auch der Pferdeführer sie gleich loslassen, dass er alleine aus aus dem Führring gehen kann und dabei dann die Bügel aufnehmen. Und beim Aufgalopp auch die Zügel schön lang lassen und immer was erzählen, schärfte ich ihm ein. Mir war bisher immer aufgefallen, dass ihre Stamm-Führerin immer aus Angst um ihren oben sitzenden Freund die Stute nur verrückter machte als sie zu beruhigen.
Zum Rennverlauf erklärte ich Dave, dass er sie immer schön am langen Zügel galoppieren lassen soll, dabei aber nicht innen gehen darf. Im Training kannte sie das nicht, weil sie meist alleine gegangen ist. Und natürlich muß er nicht so weit hinten gehen. Da wo er abspringt kann er bleiben. Sie sprang immer gut ab ! Und im Endkampf braucht er keine Peitsche ! Das würde sie ihm bloß übel nehmen. Dafür soll er aber wie ein Indianer schreien so wie ein Mädchen eben. Ich sagte ihm aber auch, dass ich nicht der Trainer bin und er sich natürlich an die Trainerin halten muß!
Und dann ging es zum Büble Edelweissbierpreis über 1.400 Meter.
Ich glaube, es war ein offenes Geheimnis, dass Baba Jaga heute gewinnen kann. Ich wette sonst kaum. Aber aus Sympathie setzte ich zehn Euro Sieg und zehn Euro Platz auf Baba Jaga.
Im Rennen gab es dann noch einen Zwischenfall, der alle Herzen höher schlagen ließ. Ein Pferd wurde reiterlos. Aber Pferd und Reiter war nichts passiert.
Baba Jaga und Dave machten alles richtig und gewannen überlegen mit 4 Längen!
Es gab 131,00 € für 10 auf Sieg und 31,00 € für 10 auf Platz. Eigentlich hätte die viel mehr zahlen müßen. Aber es gab ja noch andere, die das Rennen vorher in Magdeburg gesehen haben. Wäre sie da nicht reiterlos geworden, hätte es da schon für einen Sieg gereicht.
Da Baba Jaga nur gepachtet war, lief der Vertrag auch bald aus. So startete sie nur noch zwei mal für ihr altes Team.
Vierzehn Tage nach ihrem Sieg lief sie in Hoppegarten schlecht. Das war aber ein Rennen im Ausgleich III, also eine Klasse höher.
Ehe der Vertrag zum Ende September auslief, hatte sie dann noch ein Rennen in Dresden. Dort wurde sie dann wieder in einem Ausgleich IV vierte.
Ab 1.Oktober 2014 stand sie dann bei Daniel Paulik auf der Trainingsliste.
Und den ersten Start für ihr neues Quartier konnte sie in einem Ausgleich III – Rennen in Hannover am 26.10.2014 in einen Sieg mit 2 Längen verwandeln. Mit Jozef Bojko im Sattel zahlte sie dann 274 ,00 für 10 auf Sieg ! Ihren Sieg bestätigte sie dann drei Wochen später mit einem zweiten Platz in Bremen und ging in die Winterpause.
Im Jahre 2015 begann sie früh in Hoppegarten mit einem zweiten Platz und lief dann noch zehn Mal mit mäßigem Erfolg ehe sie dann in die Zucht genommen wurde.
In drei Rennzeiten bei 32 Lebensstarts erreichte Baba Jaga 2 Siege.
Noch zu dem Rennen mit Dave McCann ist zu sagen, dass er nach dem Rennen auch von Herrn Göntzsche für sein „Gelbes Blatt „ interviewt wurde. Er sagte, er hätte nur das gemacht, was der Jockeydiener ihm gesagt hätte.
Danach sprach Frau Kamin sehr lange nicht mehr mit mir…
Man ist ja nicht abergläubisch
Joachim „Jochen“ Möller
Die meisten Jockeys bestreiten ja, dass sie abergläubisch sind.
Ich sehe das aber gaaanz anders !
David Vincent Smith zum Beispiel bestand immer auf sein frisch gewaschenes Badehandtuch auf seinem Platz in der Jockeystube.
Wir hatten ja damals noch zwei Renntage am Wochenende. Das hieß dann immer, am Abend nach dem ersten Renntag noch schnell die Wäsche Zuhause in die Maschine. Und seine Lieblingsrennhose muß ja auch noch sauber sein. Hatte ich es wirklich mal nicht geschafft, weil wir sehr spät von außerhalb zurück gekommen sind, war am nächsten Tag für David der Tag gelaufen. „Da geht ja heute alles schief. Ich brauche ja erst gar nicht anfangen zu reiten.“ so waren dann seine Sprüche. Aber eigenartiger Weise passierte dann doch was. Einmal verletzte er sich in der Startmaschine. Ein Andermal mußte er schon im Führring aus dem Sattel.
Für Lutz Pyritz war ich so was wie ein persönlicher Jockeydiener von Anfang an. Er hatte mich ja damals dazu überredet, als Jockeydiener anzufangen. Im Osten gab es ja für den Rennsport kaum etwas zu kaufen. Ich hatte schon immer für viele Rennreiter die Rennpeitschen angefertigt. Sattelzeug ja auch repariert. Als dann nach dem Mauerfall Scharen von Händlern bei uns eingefallen sind, waren auch welche dabei, die Peitschen angeboten haben. Lutz beauftragte mich, aus einem dicken Bündel für ihn eine auszusuchen. Nach gewissenhafter Probe wählte ich eine Peitsche mit braunem Lackleder umwickelt und brauner Lasche. Auf die Lasche ritzte ich mit einem Metallstift seinen Namen ein.
Lutz war mit meiner Auswahl sehr zufrieden und obwohl er nie die Peitsche viel einsetzte, gewann er immer seine Rennen.
Bis zu jenem Tag in Halle an der Saale. In einem Rennen hatte er seine Peitsche eingangs der Geraden verloren. Es ist schon immer Tradition, dass die Stampfer des Geläufs die Peitschen in die Jockeystube bringen, falls sie eine finden. Und es ist ungeschriebenes Gesetz, dass sie dann zehn Mark, heute zehn Euro, dafür bekommen. Nun hoffte Lutz, dass ihm jemand seine Peitsche zurück bringt. Aber keiner kam. Auch ein guter Freund lief dann los, um an der bestimmten Stelle zu suchen. Aber ohne Erfolg !
Was soll ich sagen, in der nächsten Zeit lief kaum etwas bei Lutz. Sichere „Dinger“ konnte er nicht „verwandeln“.
Nach einem guten Jahr traute ich meinen Augen nicht. An einem Renntag in Dresden hatte ein damals in Halle beschäftigter Reiter diese Peitsche in seiner Tasche. Sofort fragte ich ihn, wo er die Peitsche her hat. Er hatte sie wohl von einem Mitarbeiter der Hallenser Rennbahn bekommen. Ich konnte ihm den schon etwas verbrauchten Namenszug auf der Lasche zeigen und nahm die Peitsche an mich, um sie Lutz zu geben. Um die Tradition zu wahren, sagte ich zu Lutz, dass er die zehn Mark aber bezahlen soll.
An diesem Tag gewann Lutz Pyritz von acht Rennen sieben Mal!
Später brach die Peitsche dann doch mal ab. Das Material war durch den langen Gebrauch dann doch müde. Aus dem Griff konnte ich dann noch eine Zweijährigen-Klappe bauen. Damit hat dann Lutz auch noch schöne Erfolge erziehlt.
In jüngster Zeit gibt es die Sache mit der Sumsebiene von Eduardo Pedroza. Die hatte er mal von Fans geschenkt bekommen und wollte sie gleich weiter vergeben. Ich konnte ihn davon abhalten und hänge die ihm an jeden Hoppegartener Renntag an seinen Platz als Maskottchen.
Dann war die Sumsebiene auch mal weg! Im nach hinein weis ich, wo sie damals geblieben war. Jedenfalls Biene weg, Job als erster Stalljockey weg, gesundheitliche Probleme. Als die Biene dann wieder an seinem Platz hing, war alles wieder gut. Und jetzt hüte ich die Sumsebiene ganz genau !!!
Abenteuer in Cuxhaven
Joachim „Jochen“ Möller
Da damals der Transportunternehmer Lothar Engel nicht wegen nur zwei Pferden mit seinem großen Transporter losfahren wollte, fragte er mich, ob ich nicht für Frau Klus nach Cuxhaven zum Rennen fahren will.
Agnieszka Klug, nur kurz Aga genannt, beauftragte mich dann, ihre beiden Pferde Power Within You und Invincable Lewis zum Rennen zu fahren.
Am Renntag, den 13.07.2008 wollten wir dann frühmorgens losfahren. Spätestens gegen 11:00 wollten wir vor Ort sein.
Ich hatte damals einen Sprinter, für sechs Personen zugelassen und einen Ifor Williams Pferdeanhänger.
Als ich am Stall angekommen bin, waren dort schon mehrere Jugendliche, die, wie ich dann erfahren habe, bei Aga zu Gast waren. Mitfahren mußten Tomek, das Mädchen für alles bei Aga. Und Susann, Aga’s beste Freundin. Wären mit mir als Fahrer 3 Personen. Aber da waren noch 4 Jugendliche, die mit sollten. Also hat sich dann einer hinter der Rückbank auf eine Kiste gesetzt. Ich fand das ganz und gar nicht gut und wollte das auch nicht. Aber nach langer Diskussion mußte ich nachgeben. Im Nachhinein war ich dann froh, dass genug Leute mit waren.
Als wir pünktlich in Cuxhaven angekommen sind, suchten wir die Gastboxen. Uns wurde dann erklärt, dass man sich bei den in der Umgebung befindlichen Reiterhöfen einmieten könne. Das war aber nun zu spät.
Der Ordner zeigte uns, wo wir uns mit unseren Fahrzeugen hinstellen sollen.
Alle hatten sich dort kleine Gehege mit Elektrozäunen abgesteckt. So was hatten wir aber nicht mit.
Zufällig stand in unserer Nähe ein Transporter mit Trabern. Dort hielt sich eine junge Frau auf, die ich in Dresden und Magdeburg betreut habe, als sie in Amateurrennen mitgeritten ist. Sie konnte ich um eine Hand voll Stroh bitten. Wir hatten ja nur Späne als Einstreu. Und Stroh brauchten wir unbedingt. Unsere beiden Pferde mußten dringend pullern. Und unter Pferdeleuten heißt das Stallen. Hier bekommt dieser Ausdruck seine volle Bedeutung. Pferde pullern sehr selten im Freien. Da sie sich getrauten, zu pullern, wurden sie mit ihrer vollen Blase sehr unruhig und man hatte beim Führen große Probleme. Nachdem ich die Hand voll Stroh auf der Wiese ablegte, stellte sich der Wallach sofort dort hin und stallte. Die Stute folgte auch gleich.
Das Problem war erst mal gelöst. Gut, wenn man sich mit alten Kutschertricks auskennt. Wenn wir früher in Weimar mit unseren Kutschpferden zu Kremserfahrten unterwegs waren, hatten wir ja das selbe Problem. Deshalb hatten wir immer ein kleines Bund Stroh mit.
In Cuxhaven war ein volles Programm. Reitpferde-Rennen, Pony-Rennen, Trabrennen, Minitraber- Rennen, Galopprennen. Es waren meiner Meinung nach mehr Menschen als zum Derby in Hamburg vor Ort. Und das Erstaunliche war, dass man an den unzähligen Ständen für Speisen und Getränke nie lange anstehen mußte.
Vor den Rennen gab es noch zwei extra Vorstellungen. Das Es wurde angesagt, dass man links am Strand einen schwarzen Punkt sieht. Das wäre ein Fallschirmspringer, der auf einem markierten roten Punkt vor dem Ziel landen wird. Das tat er dann auch. Dann ging es weiter mit einem Tandemsprung und sogar zu dritt. Alle auf dem Punkt gelandet.
Als Höhepunkt wurde dann eine Flugshow angekündigt. Aber da wurde mir doch Bange. Von so was hat man ja schon viel schlimmes gehört.
Also, da kam ein Sportflieger angesausst. Der machte allerlei Kunststücke. Loopings, Kopf nach unten und so weiter. Und dann der Sturzflug senkrecht nach unten. - Motor aus! Und kurz vor dem Boden Motor wieder an und hui wieder hoch. Mir blieb dabei doch das Herz stehen. Wenn der Motor nun nicht wieder angesprungen wäre?
Wir waren mit unseren beiden Galoppern im 5. und 9. Rennen an der Reihe. Beide Pferde sollte Anika Rosenbaum reiten. Da das Geläuf doch sehr nass war, schlug ich vor, unseren Pferden einen Knoten in den Schweif zu machen. Und dann noch mit Klebeband zu umwickeln.
Das hatte mein alter Freund Franz-Albert Keuthen immer mit seinen Pferden gemacht, wenn er in Neuss zu den Sandbahnrennen war. Er erklärte mir immer, der Schweif ist der Balancestab des Pferdes. Und wenn er nass ist, können die Pferde gerade in den Kurven schlecht ausbalancieren. Sattelboxen gab es hier nicht. Aber einen kleinen Führring und Absattelring neben der Waage. Die Waage war ein kleines Holzhaus für eigentlich Gartengeräte. Daneben war ein Mannschaftszelt als Jockeystube. Nun mußte man aber erst mal zu diesem Führring gelangen. Man mußte sich schreiend einen Weg durch die Menschenmassen bahnen. Vom Führring aus sicherte uns ein riesiger Rappe aus dem Landgestüt Zelle mit Reiter in Uniform den Weg zum Geläuf. Und hinterher ging auch noch so ein Rappe mit Reiter in Uniform.
Leicht 6 Längen gewann dann Invincable Lewis gegen Asko mit Alexander Jahn und zwei Längen zurück Cassandra Moheba mit Michele Klitzsch. Meine Retterin mit dem Stroh, Marisa Bock, war leider mit Bayard ausgebrochen und dann runtergefallen.
Als es dann daran ging, unseren zweiten Starter, die Stute Power Within You fertig zu machen, gab es einen bösen Zwischenfall. Als Tomek bei der Stute den Schweif hochbinden wollte, bekam er von ihr einen Tritt gegen die Brust. Das war ein klassischer Knockout. Tomek blieb die Luft weg und er ging zu Boden. Ich hatte ihn gleich gepackt und ihm rechts und links auf die Wangen geklatscht. Zum Glück kam er auch gleich wieder zu sich. Da er sehr nah an der Stute gestanden hatte, war die Schlagkraft nicht sehr groß. Hätte er einen Meter weiter weg gestanden, wäre das sehr schlimm ausgegangen.
Wir verzichteten nun auf das Hochbinden des Schweifes.
Sorgen machte ich mir, wie wir mit dieser „Schläger-Ellie“ durch die Menschenmassen kommen sollen. Aber die war so fasziniert von dem Geschehen. Die war lammfromm obwohl ihr Zuschauer im Vorbeigehen auf die Kruppe geklatscht haben.
Gewonnen hat dann Kassiopaia leicht 4 Längen vor unserer Stute und 3 Längen zurück Mr. Bollow mit Alexander Jahn.
Wie hätte es ausgesehen, wenn bei ihr auch der Schweif hochgebunden worden wäre ?
Aber wir konnten sehr zufrieden sein. Zwei Starter mit einem Sieger und einem Zweiten.
So konnten wir dann gut gelaunt die Heimreise antreten.
Notfall Keuthen
Joachim „Jochen“ Möller
Ich und der Alkohol
Wenn ich mal Alkohol trinke, dann ist es ein Gläschen Rotwein.
Aber ich habe so viele Flaschen zu Hause, dass ich jeden Tag eine trinken müßte, um die alle leer zu bekommen. Die meisten habe ich geschenkt bekommen. Die Leute müßen denken, ich bin ein Säufer.
Immer wenn ich mir mal einen Schluck Rotwein gönnen möchte, komme ich nicht dazu. Da kann ich wetten, dass das Telefon klingelt und einer anruft. So war es schon oft, dass da ein Pferd dringend in eine von drei Pferdekliniken in unserem Einzugsbereich transportiert werden mußte. In jede der drei Kliniken braucht man mindestens ein Stunde Fahrzeit.
Nicht mal bei einer Feier traue ich mich etwas zu trinken.
Das resultiert aus einem Erlebnis nach einer Abschlußfeier nach dem letzten Renntag der Saison in Hoppegarten.
Der Eigner der Hoppegartener Galopprennbahn hatte damals die Funktionäre nach dem letzten Rennen zu einer kleinen Feier in das Restaurant der Club-Tribüne eingeladen. Ich hatte mich dazu sogar umgezogen und trug nun statt Latzhose und Jeanshemd Anzug und Lackschuhe, wie man so sagt.
Ich hatte gerade als Vorspeise eine sehr leckere Kürbiscremsuppe verzehrt, dazu einen Schluck Rotwein getrunken, als ich einen Anruf von meinem Sohn auf dem Handy hatte. Er teilte mir mit, dass mich schon mehrere Personen auf dem Festnetz erreichen wollten, weil sie meine Handynummer nicht haben. Es ginge wohl um einen Notfall. Ich soll mich bei Herrn Keuthen melden.
Was war geschehen ?
Mein leider viel zu früh verstorbener Freund Franz-Albert Keuthen aus Gotha war mit zwei Pferden zum Renntag in Hoppegarten. Nach den Rennen hatte er seine beiden Pferde auf einen Anhänger verladen und war auf dem Heimweg. Leider ist er nicht sehr weit gekommen. Bei seinen Daihatsu war am Dreieck Spreeau der Kettenriemen gerissen. Er hatte es noch bis auf den Parkplatz geschafft. Zuerst hatte er bei einigen Bekannten im Gothaer Umfeld angerufen und um Hilfe gebeten. Der eine hatte auch schon etwas Alkohol und der andere wäre erst am nächsten Morgen vor Ort. Also haben sie an mich gedacht.
Wie das manchmal mit der Eingebung so ist. Im Vorfeld zum letzten Renntag in Hoppegarten dachte ich mir, wenn du noch so viel Resturlaub hast, kannst du den ja am Montag nach Hoppegarten nehmen. Da kann ich dann in Ruhe meine ganzen Rennsachen sauber machen. Den hatte ich dann auch genehmigt bekommen. Ansonsten hätte ich spätestens um 4:15 auf Arbeit sein müßen.
Ich bin dann nach dem Anruf schnellstens nach Hause und habe mich umgezogen und bin Richtung Dreieck Spreeau losgefahren. Gegen 21:30 war ich dann auf dem Parkplatz.
Wir brauchten dann nur den Pferdeanhänger an meinen Sprinter ankoppeln und konnten endlich in Richtung Gotha losfahren.
Gegen 2:30 standen dann die beiden Pferde in ihren heimatlichen Boxen.
Hätte ich keinen Urlaub gehabt, hätte ich es niemals pünktlich zur Arbeit geschafft!
So wurde ich überredet, in Gotha zu übernachten. Nach einem guten Frühstück mit der Familie Keuthen habe ich mich dann auf den Heimweg gemacht.
Mein Idol
Joachim „Jochen“ Möller
Am 1.August 1976 hatte ich als Lehrling in Dresden mein erstes Flach- Rennen geritten.
Schon als Lehrling habe ich dann auch in Hindernisrennen geritten. Trotzdem war Lester Piggott ein Idol, obwohl wir im Osten kaum etwas von ihm zu hören bekamen.
Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich den mal persönlich gegenüber stehen würde. Ich hätte nie die Möglichkeit gehabt, mal in den Westen zu kommen. Das hatte sich aber dann mit dem Fall der Mauer total geändert. Als ich dann ab 1992 in Hoppegarten Jockeydiener wurde, durfte ich Lester Piggott bei seinem ersten Auftritt in Hoppegarten zur Hand gehen. Da er an diesem Tag nur sehr schlechte Pferde zu reiten bekam, war seine Laune sehr schlecht. Er gab sich auch nach Meinung der Zuschauer keine große Mühe und man buhte ihn sogar aus.
Als es dann an meine Bezahlung gehen sollte, mußte ich höllich aufpassen, dass ich auch meinen Lohn bekomme. Ein Manager von ihm hat mir dann etwas gegeben.
Als er dann nach einiger Zeit wieder nach Hoppegarten kam, hatte er bessere Chancen bekommen.
Er gewann auch.
Später, als er 1994 für die Queen im 104. Großen Preis von Berlin mit Sharp Prod Zweiter wurde, hat er mir sogar ein Trinkgeld gegeben. Mir wurde dann von Vielen gesagt, dass ich mir darauf was einbilden kann!
Lester Piggott wäre sehr geizig und würde nie ein Trinkgeld geben.
Meine Arbeit als Jockeydiener
Joachim „Jochen“ Möller
Ich bin einer von drei Jockeydienern in Deutschland. In Köln ansässig ist der Karl-Heinz. Er bedient die Westdeutschen Bahnen. Vorwiegend die Meetings in Hamburg, Bad Harzburg und Baden-Baden. In München-Riem gab es im Laufe der Zeit nacheinander viele Leute, die sich in der Jockeystube an den Renntagen um die Reiter gekümmert haben. Aber nun ist dort der Jupp tätig. Und er macht einen guten Job !
Ich bin seit 1992 auf den "Ost-Bahnen" tätig. Zuerst hatte ich mich nur um meine Heimatbahn Hoppegarten gekümmert. Aber dann erweiterte ich meinen Einsatz auf die Bahnen in Halle/Saale, Leipzig, Magdeburg und Dresden. Der Gothaer Boxberg war auch immer im Kalender vermerkt. Später kam noch Bad Doberan hinzu. Ich kann mich noch genau an den ersten Renntag erinnern. Feine Damen in tollen Kleidern stolzierten in Gummistiefeln über den Acker ! So sah es nach ausgiebigen Regen dort aus. Trotzdem war es ein toller Renntag !
Da ich früher auch Rennen geritten bin, weiss ich, wie sich ein Jockey fühlt und was er benötigt.
Jockeys haben eigentlich einen dummen Beruf :-D , sie hungern, um ihre Brötchen zu verdienen :D !
So müßen die meißten Reiter immer auf ihr Gewicht achten.
An einem Renntag bin ich zeitig in der Jockeystube und bereite alles vor, damit die ankommenden Reiter alles an ihrem zugeteilten Platz vorfinden, was sie an dem Renntag zur Ausführung ihrer Ritte brauchen. Die meisten Jockeys haben einen Stammplatz.Von einigen Reitern habe ich Rennhosen, Sicherheitswesten, Rennhelme und Stiefel , teilweise auch Sättel und Gurte in Pflege. Das finden sie dann an ihrem Platz vor. Bleidecken und Blei wird von mir gestellt.
Ich kann mich noch entsinnen, wie es früher ohne Jockeydiener bei uns war. Für unseren alten Jockey Paul Krug mußte ich öfter seinen Arbeitssattel und eine Bleidecke mit 10 Kilo Blei mitnehmen. Wir sind ja immer mit den Pferden einen Tag vorher zu den Rennen gefahren. Und dann war es in Leipzig mühsam, alles von den Stallungen bis zur Waage zu schleppen.
Da kann man sehen, wie gut es heute die Jockeys haben.
Als Jockeydiener gilt es, vor den Rennen den Reitern beim Auswiegen behilflich zu sein. Nach dem Rennen muß das nun schmutzige Sattelzeug gesäubert werden, damit es zu dem nächsten Rennen wieder benutzt werden kann. So geht das von Rennen zu Rennen.
Neben dieser Arbeit muß man auch ein großes Einfühlungsvermögen haben. Im Allgemeinen ist in der Jockeystube immer eine gute Stimmung. Aber nicht jeder ist immer gut drauf. Gerade wenn ein Jockey sehr viel " Gewicht gemacht" hat , möchte er seine Ruhe haben. Ein Anderer braucht dann auch mal aufbauende Worte nach einer Niederlage im Rennen.
Im Angebot ist dann auch noch Kaffee und eine Auswahl an Getränken. Jockeys können sich nicht an einem Verkaufsstand auf der Bahn hinten anstellen :-D !
Leider ist mein Betätigungsfeld um zwei Rennbahnen ärmer !
Schon vor einigen Jahren wurden auf der Rennbahn auf dem schönen Boxberg bei Gotha keine Rennen mehr veranstaltet.
Und in Bad Doberan ist die Rennbahn jetzt auch Geschichte !
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