Bernd in Hollywood
Bernd Selle
Als ich 1985 bei Trainer Andreas Löwe 1. Jockey (nach Dave Richardson) wurde und wir damals eine sehr gute Saison hatten (Stutenpreis mit ALENKA / KATAPULT / AMERICO VESPUCCI etc.), hat mir A. Löwe meinen Wunsch erfüllen lassen, mich im Winter für 2 Monate nach Kalifornien reisen zu lassen.
Durch Dave bekam ich einen netten Kontakt, der mich damals am Flughafen L.A. abholte und mir auch gleichzeitig (unverhofft) eine 2 monatige private Unterkunft in Glendale verschaffte.
Es wurde eine liebenswerte, freudige und sehr interessante Freundschaft daraus geworden und bekam nicht nur im Amerikanischem Rennsport viele Eindrücke, sondern auch kulturelle!!
So wurde für mich ein Termin vereinbart, indem mir von einem offiziellem Mitglied die Rennbahn HOLLYWOOD PARK gezeigt wurde... heißt: Bahn, Jockeystube, Ställe und alles was dazu gehört. Das ich das alles konnte, wurde mir vorher ein Ausweis erstellt, mit Passfoto und Fingerabdruck, sodaß ich überhaupt während des Trainings auf die Bahn durfte.
Es war für mich damals alles sehr beeindruckend, diese Professionalität im allgemeinen und Fürsorge für die Jockeys erfahren zu können.
Ich entschloss mich dann, dort in den nächsten kommenden Tagen mal im Training zu reiten.
Maria, eine Fotografin vermittelte dann ein Treffen mit der Rennsport-Legende Trainer Charles Whittingham, der gerade einige Pferde auf der Bahn Hollywoodpark während eines Meetings stehen hatte.
Das Treffen wurde vereinbart... ich lieh mir einen PKW und fuhr einen Tag später von meiner Unterkunft morgens, noch im dunkeln, mit Kaffee und einem Donut auf dem Schoss auf dem Highway Richtung Hollywoodpark.
Als ich auf dem riesigen Parkplatz ankam... etwas nervös und gespannt, fand ich auch den Stall von Whittingham. Der Assistenztrainer empfing mich sehr herzlich.
Plötzlich stand er vor mir, mit Rennsportzeitung in der Hand: W. Shoemaker... die Rennsportlegende schlechthin... WOW!
Er gegrüßte mich höflich und ruhig in seiner Gentleman-Art in einer normalen Hose (keine Reithose)! ..... wir unterhielten uns ein wenig (ich mit holprigen englisch) über dt.Rennen und über meine damalige selbstgemachte sog. Reithose (eine Jeans mit innen aufgenähtes Leder),welche ihm sehr gefiel. Dann musste the Shoe aufs Pferd und einen Galopp reiten.
Ich begleitete Mr. Whittingham mit seinem Hund, der immer neben ihm war, zur riesengroßen Kantine,wo an den Wänden viele Jockey-Größen des Rennsports zu sehen waren.Von dem Kantinen-Terrasse schauten wir dann dem Galopp von Shoemaker zu.
Auf dem Weg zurück zum Stall, sprachen mich einige Reiter an, wo es denn diese Reitjeans gibt. Sie waren begeistert von derselben.Ich gab ihnen Auskunft, das ich aus Germany komme und diese Hose beim Schneider machen ließ!
Hätte ich an diesem Tag 30 dabeigehabt, ich glaube ich hätte alle verkaufen können 😄!!
Dieser Tag war für mich damals sehr beeindruckend. Nicht nur wegen der Rennbahn selbst, die es heute leider nicht mehr gibt, sondern die gesamte Atmosphäre rundherum, die Gastfreundschaft der Aktiven und auch von vielen anderen Menschen, die ich noch kennenlernen sollte.
Mit Trainer Whittingham machte ich dann für den nächsten Tag ein erneutes Treffen im Stall aus, wo ich dann auch ein Lot reiten sollte.
Am nächsten Tag war ich pünktlich vor Ort und durfte dann ein Pferd mit einem Jockeylehrling zusammen cantern.
Mein Pferd wurde mir fertiggesattelt gebracht und los gings.
Es war schon etwas anderes, wie auf der Kölner Arbeitsbahn, da wir Kopf an Kopf außen gehen mussten, da dort die Pferde die innen galoppieren, immer schneller gehen.
Auch die Pferde wissen das, umsomehr ich einmal etwas nach innen tendierte, merkte ich, daß das Pferd zulegte. Schnelle Galopps werden halt immer ganz innen gegangen. Interessante Erfahrung 😀!
Danach zurück im Stall wurde mir das Pferd abgenommen und geführt. Was mich hinterher sehr freute war, das ich ein großes Lob von Whittingham bekommen habe.
Wunderbar, der Tag war gerettet und ich glücklich 🙂!!
Allerdings war mein schöner Rennbahntag fast getrübt, als ich wieder zu meinem Auto auf dem Rennbahnparkplatz kam - Batterie leer. Ich hatte beim morgendlichem Ankommen vergessen, das Licht auszumachen, da es schon hell wurde 😖! Und nun??
Zurück zum Stall erzählte ich mein Missgeschick und kein geringerer als "The Shoe" ging mit mir und einem Aufladekabel zurück zum Auto und half mir wieder nach Hause zu kommen!!
STARK....werde ich nie vergessen!!
Natürlich könnte ich noch so viel über diese Reise schreiben, die immer in meinem Gedächtnis bleiben wird.
Nicht nur die herrliche Gegend Kaliforniens, Kultur (Getty Museum) oder andere Sehenswürdigkeiten (Universalstudio, Reitställe, Grand Canyon, San Francisco, Alcatraz oder auch Santa Anita...wo Whittingham & Shoemaker mit FERDINAND ein gr.Rennen gewannen!
Auch die Ehre gehabt zu haben, das Whittingham mich nach Las Vegas ins Cesars Palace einlud, wo die Crème de la Crème des Rennsports ihre alljährlichen Awards und Ehrungen an Jockeys, Trainer und Besitzer verliehen wurden.....beeindruckend !
Auch ein großes Erlebnis war es,das ich viele Größen des TVs oder Kinos sprechen konnte, die ich auf der Rennbahn oder bei zufälligen Filmdrehs traf.
Ich war damals immer ein Fan der TV Serie "Quincy" mit Jack Klugman....und wo läuft dieser mir über den Weg...?....morgens auf dem Rennbahnparkplatz in Hollywood Park. Wir unterhielten uns einige Zeit und er erzählte mir von seinem Pferd JACKY KLUGMAN, die gerade dort trainiert wurde. Klugman war ja ein großer Fan des Rennsports und ich traf ihn oft auf der Bahn wenn er zu den Wettschaltern huschte 😆!
Ebenso traf ich: John Forsythe (Denver Clan) - Cheryl Ladd (drei Engel für Charlie) oder Christopher Plummer (Waterloo/Startrek)! Schon ein Erlebnis.
Aber am schönsten war es, viele nette, symphatische Menschen kennengelernt zu haben, die am Ende meines Aufenthaltes nochmal zusammenkamen und mich auf rührender Weise verabschiedeten und meinen Trip abrundeten !!
Nicht nur der Galoppsport verbindet....sondern auch Menschen,die man neu kennenlernt 😉!
Viele Grüsse...bleibt gesund, Euer Bernd